Gedankendimensionen 01 - Die Gedankenleser - The Thought Readers by Zales Dima & Dima

Gedankendimensionen 01 - Die Gedankenleser - The Thought Readers by Zales Dima & Dima

Autor:Zales, Dima & Dima [Zales, Dima]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2016-01-16T16:00:00+00:00


14. Kapitel

Es ist erstaunlich, was Schlaf für die Psyche tut. Als ich am nächsten Morgen mein Müsli esse, sehe ich die Ereignisse und Enthüllungen des vorherigen Tages in einem ganz anderen Licht. Sogar meine Adoption scheint etwas zu sein, mit dem ich umgehen kann.

Ich versuche, mich in meine Mutter hineinzuversetzen. Nehmen wir mal an, mein Freund Bert würde mir ein eigenartiges Geheimnis erzählen. Und dann, sagen wir, bittet er mich, niemandem davon zu erzählen und stirbt. Das würde ja quasi als letzter Wille zählen. Und als letzter Wille wäre es zweifellos schwer, das Geheimnis unter diesen Umständen zu verraten. Könnte das auch ein Grund für die Verschwiegenheit meiner Mütter sein?

So ausgeruht erkenne ich auch einen weiteren Aspekt meiner neuen Situation: Vielleicht habe ich Verwandte, die ich noch nie getroffen habe. Großmütter und Großväter, von denen ich nichts wusste. Vielleicht Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen. Alle diese neuen Familienmitglieder sind wahrscheinlich dort draußen in der geheimnisvollen Lesergemeinschaft. Es ist wirklich ärgerlich, dass Eugene und Mira nicht dazugehören. Täten sie das, könnte ich über sie weitere Leser kennenlernen. Vielleicht sogar entfernte Verwandte treffen und etwas über meine Herkunft erfahren.

Jetzt, da ich nicht mehr so angespannt bin, denke ich über meine aufregenden neuen Fähigkeiten nach. Ich meine, denken Sie doch mal an die ganzen Möglichkeiten. Es erinnert mich an die Mittelschule, als ich begann die Stille zu nutzen. Ich hatte eine Menge Spaß dabei, mich unbeobachtet in die Mädchenumkleidekabine zu schleichen, das Tagebuch meiner ersten Freundin zu lesen oder ältere Damen auszuspionieren... Wenn ich darüber nachdenke fällt mir auf, dass die frühe Nutzung der Stille ein gewisses Muster aufweist.

Diese ganzen Dinge verblassen allerdings im Vergleich zu dem, was ich mit dem Lesen alles machen kann. Es ist fast besser, dass ich es erst jetzt herausgefunden habe. Jetzt bin ich reifer und kann mit der Verantwortung, die mit dieser Macht einhergeht besser umgehen.

Die Auswahl meines ersten Opfers ist einfach.

Ich beende das Frühstück und ziehe mich an. Ich schnappe mir eine Blu-ray, die ich schon vor Ewigkeiten hätte zurückgeben sollen und gehe in die dritte Etage meines Gebäudes.

Ich habe mich nur einige Male mit Jenny getroffen. Sie unterscheidet sich nicht wesentlich von meinen anderen Ex-Freundinnen, außer darin, dass sie mir sehr nahe ist. Sie lebt in meinem Haus, weshalb ich zuerst ihr einen Besuch abstatte. Was habe ich gerade noch über die nötige Reife zum Übernehmen einer solchen Verantwortung gesagt?

Ich bleibe vor ihrer Tür stehen und klingele.

Jenny öffnet. »Darren?«, fragt sie und schaut mich an. Ich überlege kurz zu verneinen, aber ich habe den Eindruck, dass sie nicht in der Stimmung für Scherze ist.

»Ich habe den Film gefunden, den ich mir mal von dir geliehen habe«, antworte ich stattdessen. »Ich wollte ihn dir zurückgeben.«

»Oh, dankeschön. Ich bin einfach überrascht, dich zu sehen.« Sie sieht nicht einfach nur überrascht aus — sondern eher verärgert. Oder zumindest ein wenig genervt. Ich verliere keine Zeit und begebe mich in die Stille.

Das leichte Summen im Hausflur wird mir erst jetzt bewusst, weil es auf einmal verschwunden ist. Es ist interessant, wie wir beständige Geräusche wie dieses einfach ausblenden.



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